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Offenbach Post: 19.12.2003

Auch bei Androhung von Gewalt nicht schweigen

25 Opfer und verängstigte Menschen meldeten sich seit 1999 bei "Stabsstelle Gewalt" / Ermunterung zur Zivilcourage

Rödermark (lö) - "Hätte ich gleich beim ersten Mal eins auf den Hut gekriegt, wäre mein Leben anders gelaufen." Das räumte ein junger Rödermärker, der wegen Gewaltdelikten schon mehrfach mit dem Gesetz in Konflikt geriet und deshalb nach der neunten Klasse die Schule verlassen musste, im Gespräch mit Bürgermeister Alfons Maurer ein. Doch er bekam keins auf den Hut, seine Opfer schwiegen aus Furcht.

25 Opfer und Menschen, die sich bedroht fühlten, nahmen in den vergangenen vier Jahren mit der "Stabsstelle Gewalt", die Maurer nach den Morden an Timo Hinrichs und dem Ehepaar Lange im Frühjahr 1999 eingerichtet hatte, Kontakt auf. Einer der aktuellsten Fälle: Mit eingeschlagenen Zähnen kam ein Junge nach Hause, er war kurz vor Ober-Roden im Bus von einer Gruppe Jugendlicher überfallen worden. Seine Mutter wollte mit ihm zur Polizei, doch er sagte nur: "Das macht alles nur noch schlimmer." Er kannte einen der Täter und hatte Angst vor Rache. Maurer suchte nach einem Ausgleich ohne Anzeige.

Denn auch er konnte die Angst des Opfers vor Rache verstehen. Zwar versichere die Polizei immer wieder, dass noch keine dieser Drohungen in die Tat umgesetzt worden. Doch junge Leute erzählen dem Bürgermeister immer wieder davon.

So verhalf Maurer einem Berufsschüler aus Ober-Roden auf dem kleinen Dienstweg zum Schulwechsel. Dieser hatte als Zeuge gegen eine Gruppe ausländischer Gewalttäter ausgesagt. Die griffen ihn zwar nie an, doch bedrohten ihn ständig, so dass er sich am Ende gar nicht mehr zum Unterricht traute. Seine Mutter wandte sich an die "Stabsstelle" im Vorzimmer des Bürgermeisters.

Maurer ermunterte die Rödermärker gestern erneut, sich auch mit scheinbaren Kleinigkeiten an ihn zu wenden. Das bewahre nicht nur potenzielle Opfer vor Schäden, sondern möglicherweise auch junge Rowdys vor einer kriminellen Karriere. Die "Stabsstelle Gewalt" ist unter Tel.: 06074 911-201 zu erreichen.

Erster Stadtrat Alexander Sturm teilte ergänzend mit, dass der Rödermärker Präventionsrat nächstes Jahr eine Aktionswoche zur Zivilcourage plane.

 

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